Fallstudie ESTATES

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Matt ist Stratege und Media Planner aus der Werbewirtschaft und ein ehemaliger Kollege von Kay. Die beiden hatten zusammen bei der Werbeagentur TBWA in Berlin gearbeitet, sind gut befreundet und treffen sich regelmäßig, um über Gott und die Welt zu diskutieren. So auch im Frühjahr 2013. Sie sprachen zufällig über Präsentationen von Exposés im Immobilienbereich, insbesondere über die bemerkenswert rückständige Technologie.

Dabei kam die Idee auf, einen Dienst zu entwickeln, mit der Immobilienmakler ihre Objekte unterwegs verfügbar haben und ansprechend präsentieren können. Zusammen mit Johan arbeiteten wir schließlich ein erstes, grobes Konzept aus und wandten uns an einen Bekannten aus der Immobilienbranche, um ein erstes Feedback einzuholen. Die Reaktion war sehr positiv – ja geradezu euphorisch.

ESTATES - iPad-App

In unserem ersten Prototyp konnten Makler ihre Exposés in einer iPad-App präsentieren. Verwaltet wurden die Exposés über eine internet-basierte Datenbank, über welche sich die App automatisch synchronisieren ließ.

Natürlich hatten wir uns parallel weitere Meinungen zu dem Konzept eingeholt – die wiederum sehr gut ausfielen. Lediglich eine fehlende Schnittstelle für den Import von Exposés aus den gängigen Verwaltungssystemen wurde bemängelt. Eine solche einzubauen war zwar sehr aufwändig, aber es erschien uns lohnenswert und wir investierten weitere zwei Monate in die Implementierung.

ESTATES - Objektverwaltung
ESTATES – Objektverwaltung

Nachdem wir unser MVP (Minimum Viable Product) fertig gestellt hatten, machte sich Matt daran, eine Marketingstrategie auszuarbeiten. Um dem Ganzen die nötige Ernsthaftigkeit zu geben und etwas Startkapital für das Marketing anzulegen, gründeten wir gemeinsam die ESTATES UG. Und dann ging es auch schon los.

Zuerst veröffentlichten wir eine Pressemitteilung und wollten das erste Feedback abwarten, um zu sehen, ob wir alles verständlich erklärt hatten. Es gab eine Handvoll Registrierungen aber keiner der angemeldeten Nutzer nutzte den Dienst so, wie er gedacht war und stellte Objekt-Exposés ein. Wir entschieden uns, die registrierten Kunden anzuschreiben und Unterstützung bei Fragen und Problemen anzubieten. Keine Reaktion – bis auf eine: Auf unser Angebot, man könne den Dienst kostenfrei testen, bot uns ein Makler tatsächlich an, er würde uns gegen ein Entgelt gern beim Testen unterstützen. WTF?

ESTATES - Immobilienkongress
ESTATES – Immobilienkongress

Einige Tage nach dem Launch nahmen Matt und Kay an einer Konferenz des deutschen Branchenverbandes der Immobilienwirtschaft in Berlin teil, um dort direkt mit Maklern ins Gespräch zu kommen und unseren Dienst vorzustellen. Nach unzähligen Gesprächen, die oft seltsam missverständlich verliefen, kam uns eine wichtige Erkenntnis: Unser Alleinstellungsmerkmal war die Attraktivität der Präsentation, aber Immobilienmakler sind in erster Linie Kaufleute und denken in Zahlen. Attraktivität und gutes Design spielt da eine untergeordnete Rolle.

Etwas ernüchtert – aber auch erleuchtet durch unsere Erkenntnis – setzten wir uns zusammen und besprachen, wie wir dem bestehenden Konzept einen kaufmännischen Mehrwert geben konnten. Und unsere Lösung war genial: Wir brauchten im Grunde nur eine Möglichkeit einzubauen, Exposés in einer internen Börse zwischen verschiedenen Maklern zu tauschen.

ESTATES - Update mit Exchange
ESTATES – Update mit Exchange

Und so funktionierte es: Makler A hat ein Objekt, für das er keinen Kunden findet und Makler B hat einen Kunden mit einem speziellen Interesse, hat aber kein entsprechendes Objekt im Portfolio. Hier setzte unsere Börse an. Makler A konnte sein Objekt Makler B zur Verfügung stellen und beim Verkauf des Objektes würde die Provision unter beiden Maklern geteilt. Theoretisch ermöglichte dies eine ganz neue Generation von Maklern und passte genau in das Konzept der Shared Economy, von der alle sprachen.

Wir bauten die Funktionalität in unser System ein und beschlossen, den vorhandenen Kunden das neue Feature im persönlichen Gespräch vorzustellen. Das Interesse war nun deutlich höher. Doch trotz Direktvertrieb durch einen befreundeten Makler und der sehr persönlichen Betreuung unserer Kunden gelang es uns nicht, die kritische Masse an aktiven Nutzern zu gewinnen, um den Dienst erfolgreich betreiben zu können, weshalb wir den Betrieb schließlich wieder einstellen mussten.

Die Zusammenarbeit innerhalb des Teams war großartig. Wir hielten unsere Entwicklungs-Meilensteine weitestgehend ein. Was – im Nachhinein betrachtet – dem Erfolg des Projekts im Wege stand, war die Tatsache, dass sich Immobilien “wie geschnitten Brot” verkauften und seitens der Makler keine Notwendigkeit bestand, alternative Vermarktungsstrategien zu verfolgen.

ESTATES war zwar gescheitert, doch wir konnten mit einer Menge neuer Erkenntnisse und mehr Erfahrung aus diesem Projekt herausgehen, was uns bei der Vorbereitung und Konzeption späterer Projekte hilfreich sein sollte.

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